Sonntag, 1. Februar 2015

Gehirne in der Pubertät

Der Kopf, gemeinhin als Schaltzentrum und Zentrale des menschlichen Körpers bekannt, zeigt einen gewissen Grundbauplan, der auch jedem Schüler während der Schulzeit vermittelt wird. So versucht auch Herr Krüger – seines Zeichens u. a. Biologielehrer – regelmäßig zu erklären, dass die meisten Sinnesorgane im Kopf vereinigt sind. Sogar die Haut – das größte Sinnesorgan des Menschen – zeigt Teile seine Ausprägung am menschlichen Schädel. Ebenso allgemein bekannt ist die Tatsache, dass sich das Gehirn im Kopf befindet und in vier Hauptbereiche, nämlich Großhirn, Zwischenhirn, Kleinhirn und Hirnstamm unterteilt wird. Schaut man etwas genauer hin, so erfährt man, dass die einzelnen Fähigkeiten des Menschen ihre entsprechenden Hirnareale haben, von denen aus sie gesteuert werden. Das Sehzentrum liegt z. B. weit hinten im Kopf, während sich das Hörzentrum in einer relativ zentralen Position befindet.

Herr Krüger hat durch seine mannigfaltigen Erfahrungen mit pubertierenden Teenagern eine eigene Theorie entwickelt, wie das Gehirn in unterschiedlichen Phasen der Adoleszenz arbeitet: Demnach funktioniert das kindliche Gehirn relativ normal und die einzelnen Hirnzentren kooperieren miteinander. Folglich ist das Kind in der Grundschule fast durchweg gierig – neugierig und wissbegierig.

Kommt dann aber die Pubertät und es geschehen Prozesse im Hirn, die man kaum in Worte fassen kann und sich besser in Bildern vorstellt. Das Teenagergehirn ist gekennzeichnet von einem Rückgang der Leistungsintensität der einzelnen Steuerungszentren. Diese nehmen daher vom Volumen her ab und bieten so Raum für die unzähligen ‚Kabelverbindungen‘, die die einzelnen Hirnareale miteinander verknüpfen. Bei Teenagern nun rutschen die Stecker aus ihrem ursprünglichen Steckplatz heraus und schlingern eine Weile ungesteuert im Hirn hin und her wie ein Gartenschlauch, dessen Ende nicht fixiert ist, so dass er sein Wasser in alle Richtungen unkontrolliert verteilt. Die losen Kabelenden, die nun nicht länger einer geordneten Funktionsweise dienen, geraten demzufolge immer wieder mit ihren losen Enden an Schaltstellen, an denen sie normalerweise nichts zu suchen haben. Kurzschlüsse und Fehlreaktionen sind die Folge. Sie kennzeichnen das typische Verhalten unserer Teenager.

Gerät beispielsweise das lose Kabelende, das ursprünglich im Antriebsfeld verankert ist, ins Riechzentrum, ist dies bei einem Teenager daran zu erkennen, dass dieser seine Bewegungsaktivitäten auf das absolute Mindestmaß beschränkt, so dass auch Tätigkeiten wie die regelmäßige Körperpflege häufig ausbleiben. Parallel entsteht im Riechzentrum ein Kurzschluss, der eine Selbstwahrnehmung ausschließt. Die Folge: fettige Haare, nicht getauschte, müffelnde T-Shirts, vergessene Deos usw.

Ähnliche Reaktionen zeigen sich, wenn das Sprachzentrum seinen Steckplatz freigibt und das freigewordene Kabel ungesteuert und durch Zufall an das Sehzentrum andockt. Was geschieht? Die Kommunikation bleibt auf der Strecke und der Teenager kann für geraume Zeit nur noch Halbsätze formulieren – wenn überhaupt. Vorbeifliegende Kabel, die nur Bruchteile von Sekunden die Buchse des Sprachzentrums streifen, führen dabei zu Grunz-, Brunft- und Kreischgeräuschen, die den täglichen Lärmpegel in Schulen auf Werte von bis zu 140 dB ansteigen lassen. Im Gegenzug zum abgekoppelten Sprachzentrum verändert das jetzt verschaltete Sehzentrum seine Funktionen. Dieses steuert die Augen fortan so, dass diese vornehmlich sensationsorientierte Reize wahrnehmen und auf anders- oder auch gleichgeschlechtliche Verhaltensweisen fokussiert sind, während funktionale, auf Wissenszuwachs ausgerichtete Beobachtungen in weiten Teilen nicht vorgesehen sind. Mitunter gibt es Ausnahmen unter den Halbwüchsigen, die durch eine grundsätzliche, optische Wahrnehmungsarmut auffallen. Bei diesen Exemplaren herrscht ein kaum bewegtes Starren durch die vermeintliche Leere der Umgebung vor.

Eine interessante Beobachtung hat Herr Krüger bei der Steckverbindung in der Körpergefühlsphäre von Mädchen gemacht. Diese löst sich im Vergleich zu anderen nicht besonders leicht, sondern sogar extrem schwer oder auch gar nicht aus ihrer Verankerung. Rein äußerlich macht sich das durch Gefühlsausbrüche bemerkbar, die die Mädchen nur selten zurückhalten können. Häufig verstärken sie diese noch so durch ihr schauspielerisches Talent, dass dies nicht selten nach sogenannten ‚Tröstermädchen‘ verlangt, die sich in der Stärke von etwa einem halben Dutzend als moderne Ausprägung der früheren Klageweiber präsentieren. Die gesamte Teenie-Truppe versäumt dadurch in der Regel eine Schulstunde am Tag.

Zum Zeitpunkt, zu dem die losen Kabel wieder festere Verbindungen eingehen, forscht Herr Krüger noch. Derzeit prüft er aber bereits die Optionen, seine Studien in einem medizinischen Fachblatt zu veröffentlichen ...

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