Sonntag, 8. Februar 2015

Jäger und Sammler



In der Ferienzeit ist am ehesten auch mal Zeit, aufzuräumen. Das ist bei Lehrern, auf jeden Fall aber bei Herrn Krüger auch wirklich nötig, denn im Laufe der Jahre sammelt sich so einiges an. Wobei, es sammelt nicht, Herr Krüger sammelt selbst. Er sammelt Arbeitsblätter und Hausaufgaben, Müll vom Boden auf, Pfandflaschen von Fensterbrettern, Unterschriften ... ja, Herr Krüger sammelt wirklich viel, natürlich auch Unterrichtsmaterial.

Er sammelt, weil er regelmäßig auf der Suche nach guten Unterrichtsmaterialien ist. Nicht aus einer Neigung zum Messi-Dasein, sondern aus der Motivation heraus, seinen Schülern immer wieder Neueres oder Besseres anzubieten. Schließlich lebt der Unterricht zu einem großen Teil vom Medieneinsatz. Was macht also Herr Krüger, er unternimmt Streifzüge durch Schulbuchverlage, belegt in den Ferien einen Surf-Kurs, um auf den richtigen Seiten im Internet zu landen und dort Material zu laden oder zu bestellen und geht mit einem Trolley auf die Bildungsmesse, um dort bestmöglich allerlei Brauchbares einzusacken.

Jede Trophäe ist ein kleiner Triumpf für Herrn Krüger – für den Augenblick. Zu Hause freut er sich zunächst noch über seine Beutestücke. Doch dann folgt unweigerlich das große Problem der Aufbewahrung. Schon jetzt platzt das Arbeitszimmer von Herrn Krüger aus allen Nähten. Gut, dass er es wenigstens wieder von der Steuer absetzen kann. Das war schon echt `ne Frechheit vom Finanzamt, das abzuerkennen. Aber Steuer hin, Steuer her, das ändert nichts an Herrn Krügers Problem, das neue Material unterzubringen.

Zum Glück ist er nicht Grundschullehrer. Die müssen es noch schwerer haben mit der ganzen Materialfülle. Als Herr Krüger kürzlich mal wieder an einer Grundschule war, fiel ihm auf, dass viele Lehrerinnen dort wirklich mit kleinen fahrbaren Koffern durch die Gänge liefen. Wenn sich das so weiter entwickelt (früher gab es nicht mal Koffer auf Rädern), werden demnächst kleine Elektroautos in den Schulen eingeführt, erst in den Grundschulen, dann - einige Zeit später - bestimmt auch in den Oberschulen. Immer mehr Showbühne, immer mehr Praxisnähe, immer mehr Material?

Diese kleinen Elektroautos müsste man noch so entwickeln, dass man niemandem über die Füße fährt, besonders in den Grundschulen, aber das ginge bestimmt. Herr Krüger stellt sich gerade vor, wie diese kleinen orangen Schlepper durch die Gänge fahren, die man von großen Bahnhöfen oder Flughäfen kennt, merkt aber schnell, dass die zu klobig sind. Da muss was anderes her, eher so die Golfplatz-Variante, allerdings müssten diese Fahrzeuge statt der Sitzplätze kleine Pritschen haben sowie eine Seite mit kleinen Schubladen, in denen all die Scheren, Klebestifte, Papiere, Bausteine, Modelle, Pappen, Werkzeuge, Malfarben, Textmarker, Bälle, Pinn-Nadeln, Ordner usw. aufbewahrt wären. Das einzige Problem, dass Herr Krüger sieht, ist aber auch hier das Platzproblem, dieses Mal aber natürlich nicht bei ihm zu Hause, sondern an seiner Schule. Bei den derzeit ungefähr einhundert Lehrern an seiner Schule bräuchte man ja ebenso viele Stellplätze, Ladezonen usw. Womöglich – aber das müsste man testen – müssten auch auf dem Schulgelände Verkehrsschilder aufgestellt werden. Vielleicht bräuchte man sogar eine Straßenverkehrsordnung.

Außerdem kommt Herrn Krüger der Gedanke, dass ein Schulleiter natürlich ein gesondertes Fahrzeug besitzen müsste, vielleicht sogar überhaupt alle Lehrer mit Leitungspositionen und die Sekretärin unter Umständen auch. Ob die dann auch anders aussähen? Die Ferraris unter den Schulautos wahrscheinlich. Für alle anderen müsste auch das Problem gelöst werden, dass alle Elektroautos gleich aussehen. Nicht vorzustellen, was passieren würde, wenn Herr Rotter, der Physiklehrer, sich aus Versehen in der Schulalltagshektik das falsche Auto schnappt und dann mit den Materialien der Kunstlehrerin in den Klassenraum fährt. Ach so, natürlich müssten die Klassenraumtüren vergrößert und Stellplätze für die kleinen Lehrerautos vorgesehen sein.

Wenn es ganz gut läuft mit den Elektroautos, könnte man vielleicht sogar auch erste Fahrstunden als AG für Schüler anbieten, die sie sich dann später auf ihren Führerschein anrechnen lassen könnten. Verkehrskindergärten wären damit weitgehend überflüssig, weil man dann ja sozusagen Lernräume gebündelt hätte – und all das umweltfreundlich und abgasfrei, könnte man direkt im Physikunterricht thematisieren und so fachübergreifend arbeiten.



Für den Augenblick löst das allerdings leider nicht Herrn Krügers Platzproblem daheim. Schade. Er wird sich wohl doch regelmäßigere Aufräumorgien einplanen und sich womöglich doch von einigen Dingen trennen müssen. Vermutlich braucht er das Material kurze Zeit, nachdem er es weggeworfen hat.

Aber – Elektroautos an der Schule ... tolle Idee!

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