Dienstag, 16. September 2014

Imponiergehabe - ein Dauerbrenner

Herr Krüger ist nun wirklich nicht neu im Schulgeschäft und nein, es ist nichts Neues! Und dennoch steht es immer wieder auf seiner Tagesordnung: das Imponiergehabe. Nicht, dass Herr Krüger ein solches an den Tag legen müsste - nein, er kennt seinen Job und weiß, wer er ist - aber ertragen muss er es immer wieder!

So geschehen kürzlich in einer 10. Klasse. Herr Krüger hatte die Schule gewechselt, ist ein unbekanntes Gesicht für die Schülerschaft und damit natürlich eine willkommene Angriffsfläche, um sich an ihr zu reiben. So präsentierte sich nun also Pierre in seinen vermeintlich schillerndsten Farben (wie er glaubte), als er in einer Vertretungsstunde über fast jeden Satz von Herrn Krüger so laut lachte, dass die ganze Klasse sich zu ihm umdrehte. Schon das 'guten Morgen' kommentierte er gänzlich unreflektiert auf seine primitive Art. 
Super! Pierre bekommt die Aufmerksamkeit, die er sich gewünscht hat. Mal sehen, wie Herr Krüger reagiert, ob er ausrastet? Egal, Hauptsache seine Mitschüler und die Mädchen sehen, wie er mit seinen Fäusten auf seinen behaarten Oberkörper trommelt, alle (zumindest scheinbar) vor ihm ducken und zu ihm aufschauen, sich ihm unterordnen und ihre individuellen Reaktionen auf sein Imponiergehabe zeigen ... ach nein, das war ja bei den Affen eigentlich so, oder ...?
Verkehrte Welt - oder vielleicht auch nur ein Evolutionsbeweis aus der schulischen Alltagspraxis?

Herrn Krüger und diejenigen unter den Zehntklässlern, die schon verstanden haben, dass man sich besser innerlich entwickelt als äußerlich primitiv präsentieren sollte, rollten nur mit den Augen. Und bis der oben beschriebene 'Primat' ein gesellschaftliches und zivilisiertes Verhalten erlernt hat, wird wohl noch einige Zeit vergehen ...

Donnerstag, 15. Mai 2014

Schauspielschule?

Manchmal fragt sich Herr Krüger, ob er in seiner Bewerbung irgendetwas falsch geschrieben hat, ob er sich vielleicht ungewollt auf der Schauspielschule beworben hat. Wieso? Tagtäglich erlebt er ein Schauspiel und Schauspieler, die in immer neuen Rollen glänzen: Schülerinnen und Schüler.

Marie hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Ihre stille Hoffnung war ja, dass Herr Krüger es vergisst oder nur stichprobenartig einsammelt, aber nein, er hat ALLE Arbeiten haben wollen - so ein Mist! Schnell überlegt sich Marie eine Ausrede und schleicht sich an Herrn Krüger ran, während die Arbeiten von Adil eingesammelt werden: "Herr Krüger ... ich konnte die Hausaufgaben nicht machen, wirklich nicht!" Marie guckt Herrn Krüger von unten devot mit ihren großen, in der Pubertät noch hübscher gewordenen Kulleraugen an. "Ich war gestern mit meiner Mutter unterwegs, sie hat mich direkt von der Schule abgeholt, weil wir zum 70. Geburtstag meines Opas waren und dann sind wir so spät nach Hause gekommen, dass sie gesagt hat, ich soll lieber ins Bett gehen. Sie können meine Mutter auch fragen, es war wirklich spät ..."

Ganz anders Marlon, der durchblickende, coole Checker: "Yow, Herr Krüger, isch weiß, dass wir Hausaufgaben aufhatten, aber isch hab die nisch verstanden, weil Sie haben gesagt .." Herr Krüger unterbricht: "... weil Sie gesagt haben ..." "Ja, genau, sag ich ja, weil Sie haben gesagt ..." "Marlon, Grammatik ..." "Is doch jetzt egal, Mann, isch hab die Hausaufgaben auf dem Schreibtisch liegen gelassen, escht, ich hab sie hundertprozentig gemacht!" Herr Krüger rollt mit den Augen ... 

Herr Krüger ärgert sich, denn er hätte mal gleich die verschiedenen Rollen notieren sollen, die Liste wäre heute ziemlich lang und vielfältig ...

Montag, 17. März 2014

Absolutismus 2014


Stundenbeginn. Die üblichen Verdächtigen kommen verspätet zum Unterricht, setzen sich ebenso gewohnt auf die falschen Plätze, auch Nadine. Sie hat heute mal ein Stück Kuchen aus der Cafeteria mitgebracht. Natürlich war sie dadurch zu spät gekommen, aber das manchen ja alle so. 

Grundsätzlich sind in Diskussionen mit Schülern immer ALLE anders als es ein Lehrer darstellt, es herrscht quasi ein demografischer Absolutismus der Einigkeit: „ALLE Lehrer lassen es durchgehen, wenn ich zwischendurch auf mein Handy gucke, nur Sie nicht“ oder „... ALLE haben gesagt, dass letzten Montag die 8. Stunde ausfällt, woher soll ich denn da wissen, dass das nicht stimmt? Und außerdem ... alle wussten das, warum machen Sie mich jetzt an?“ oder auch umgekehrt „KEIN Lehrer sagt was, wenn wir unser Essen mitbringen, nur Sie machen hier wieder so einen Aufstand.“
Herr Krüger schämt sich: „Oh, Nadine, das habe ich nicht gewusst, dann hab ich das wohl falsch verstanden. Ich dachte, das sind Arbeitstische in den Klassen, weil ich bisher nur runde Bistro-Tische gesehen habe. Aber dann ist das wohl mein Fehler, ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass ich dich angesprochen habe. Wenn du möchtest, besorge ich dir noch schnell eine Kuchengabel aus dem Lehrerzimmer, ich glaube, da liegen noch welche. Warte kurz ..."
Herr Krüger verlässt den Klassenraum und kommt wirklich mit einer Kuchengabel zurück. „Hä?“ Nadine versteht die Welt nicht mehr. „Was soll denn der Scheiß jetzt? Sie können mich doch ganz normal essen lassen wie ALLE anderen auch ...!?“
„Hä? Wollen Sie mich verarschen?“ Nadine weiß nicht mehr ein noch aus und stellt die Frage zur allgemeinen Diskussion, da an Unterricht eh nicht zu denken ist, weil sie so einen Aufstand mit ihrer Kaffeetafel macht. Zwei, drei clevere Schüler – sie dürften als Schleimer oder Streber verrufen sein – erklären, sie sollte doch einfach ihren Kuchen einstecken. Nadine – bekannt durch ihren grundsätzlich zickigen Ton – blufft zurück: „Aber wohin denn? Was soll ich denn machen? Die pure Verzweiflung steht in ihren Augen geschrieben ...
Herr Krüger mischt sich wieder ein und sagt: „Aber nein, Nadine, mach dir keine Sorgen! Iss ganz in Ruhe und ihr anderen, stört sie nicht, wir sind hier schließlich zum Kuchenessen, nicht? Wofür auch sonst! 
Und vergesst nicht: ALLE machen das so!“

Freitag, 24. Januar 2014

Die 1002. Handygeschichte

Es geschieht nun schon eine ganze Weile, dass Herr Krüger Handys einzieht und den Zorn der Schülerinnen und Schüler ertet, wenn er zusieht, wie ungeschickt diese Halbstarken auf ihren Lebensmittelpunkt schielen, während sie glauben, dass es keiner merkt. 
Das geht so Tag ein Tag aus: Handy aus der eigenen Tasche - Handy in die Lehrertasche, SIM-Karte raus, SIM-Karte rein, Vernunft vermeintlich rein in den Kopf - Vernunft merkbar raus aus dem Kopf. Schüler freundlich vor dem Bittgespräch mit dem Lehrer am Lehrerzimmer - Schüler unfreundlich nach dem erfolglosen Gespräch mit dem Lehrer am Lehrerzimmer.

Doch stop! - Das war neu!

Marco hatte sich im Unterricht schlichtweg geweigert, sein Telefon rauszugeben, nicht nur Minuten später, auch noch Stunden, sogar Tage später. Alles Betteln und Flehen, nicht einmal Drohen von Seiten Herrn Kürgers hatte geholfen. Marco ist stur wie ein Esel. Herr Krüger droht das ganz große Maßnahmenpaket an. Und, wie Esel nunmal so sind - stur, uneinsichtig und dumm - wählt Marco die Variante II: das ganz große Maßnahmenpaket. Dies hat Herr Krüger nun richtig voll gepackt: Extra-Arbeiten, Nachsitzen und und und. Aufgabe eins funktioniert, wenn auch natürlich voller Fehler und Defizite. Woher sollte es auch kommen. Aufgabe zwei wird schon gar nicht mehr abgeliefert, Aufgabe drei irgendwie auf den Zettel gerotzt und Aufgabe vier ... nie gesehen. 
Dennoch scheint das Paket eine gewisse Wirkung zu zeigen oder doch nicht? Nach der dritten Aufgabe nämlich kommt der kleine störrische Marco an und schlägt einen Deal vor: 

Er holt ein Handy aus der Tasche, will damit Einsicht simulieren und so das lästige Maßnahmenpaket loswerden. Nur - Herr Krüger ist mit allen Wassern gewaschen, die Rechnung geht nicht auf, denn er verlangt, dass Marco das Handy erst einmal anschaltet, bevor er es abgibt ... Die Antwort von Marco war dünn - sehr dünn. "Ähm, nein, das geht nicht, der Akku ist gerade alle, aber ich gebe ihnen das Handy ja jetzt ..." Es gibt nicht viel drumherum zu reden, Marco hat's natürlich verbaselt. Herr Krüger durchschaut ihn binnen Sekunden und erkennt, dass Marco sich mit einem falschen Handy freikaufen wollte. 

Mensch, Kids, seufzt Herr Krüger, denkt euch doch endlich mal was aus, was überzeugt, dann könnte ich auch mal was dazulernen und vielleicht sogar darüber heimlich grinsen. Aber so ...