Da denkt man, es ist so gut wie
vorbei und der Rest ist nur noch reine Formsache, aber dann ..
Das Schuljahr ist fast um, Herr
Krüger sowie alle anderen Kollegen und Schüler bereits auf der Zielgeraden, als
im Rahmen der letzten Schultage ein Wandertag ansteht. Die Klasse hat sich
entschieden, ins Schwimmbad zu gehen. Kein Problem, denken sich Herr Krüger und
seine Kollegin Frau Kracht, auch nicht, als sich die Schüler fürs Freibad
entscheiden. Doch als der Himmel bereits am Vorabend dunkelgrau erscheint und
es am Tag selbst regnet, steht für die beiden Klassenlehrer fest: Wir
disponieren um und gehen ins Hallenbad.
Nur die Schüler haben natürlich
nicht mitgespielt und mehrheitlich entschieden, dennoch ins Freibad zu gehen.
Nun gut, Herr Krüger und Frau Kracht zeigen sich flexibel und schlagen den Weg
Richtung Freibad ein, wobei Herr Krüger mit dem Rad unterwegs ist und neben
einigen Schülern herfährt, sich unterhält und mit ihnen rumwitzelt. Als Herr
Krüger mal ein bisschen mehr in die Pedale tritt, um zu einer anderen
Schülergruppe vorzustoßen, läuft ihm Samet unvermittelt direkt vors Rad. Um ihn
nicht über den Haufen zu fahren, weicht Herr Krüger aus, strauchelt und ...
steigt schließlich über den Lenker ab! – Na toll!
Genervt und sauer auf Samet, der
sich nahezu gänzlich unkontrolliert zu bewegen scheint, versucht Herr Krüger,
sich aus den Speichen seines Fahrrades zu befreien, sammelt seine Knochen
zusammen und begutachtet seine Blessuren. Fazit: Ein Fahrrad im Dreck mit
(hoffentlich) keinen weiteren Schäden, eine beschmutzte Hose, eine blutende
Wunde an der Hand (natürlich genau da, wo man am häufigsten dranstößt, wie Herr
Krüger seitdem weiß), feinste Hautabschürfungen am Oberschenkel sowie an der
Wade - und zwar jeweils die meist minimalen Hautabschürfungen, die am meisten
wehtun.
Herr Krüger schnaubt leise vor
sich hin, während Samet immerhin zwar auf die Idee kommt, sich ungeschickt zu
entschuldigen, im selben Atemzug jedoch erneut übergriffig wird, indem er Herrn
Krüger anfasst und mit einem „Zeigen Sie mal ...“ so tut, als sei es nur halb
so wild. „Geh mir aus den Augen .... und zwar für mindestens den restlichen
Tag, wenn nicht sogar für den Rest des Schuljahres!“ Samet trollt sich, wenn
auch nur für fünf Minuten, bis er schon wieder vergessen hat, was er
angerichtet und was Herr Krüger für eine Strafe verhängt hat. Herrn Krüger
reicht’s und nun geht er Samet gezielt aus dem Weg.
Im Schwimmbad angekommen seufzt
Herr Krüger ein weiteres Mal tief, als er den vollen Eintritt von 5,50 € zahlen
muss und als Begleitperson keine Ermäßigung bekommt. Dabei entfaltet der Preis
erst dann seine volle Wirkung, als Herr Krüger die Umkleidekabinen sieht und
notgedrungen betritt, während ihn ein Hygieneschild hämisch angrinst.
Immerhin, das Wasser ist noch
gechlort, auch wenn nicht ganz klar ist, ob das am Boden des Schwimmbeckens
fehlende Fliesen sind oder nicht entsorgter Dreck ist, der am Beckenboden vor
sich hin rottet. Auch Badeleitern gibt es noch – wenn auch natürlich verrostet
und längst nicht mehr silberfarben glänzend. Man sollte es nicht für möglich
halten, aber über einen Wasserpilz verfügt dieses Bad bei all seinen
Unzulänglichkeiten trotzdem.
Frau Kracht und Herr Krüger
ziehen ihre Bahnen und werden dabei nur wenig von ihren Schützlingen gestört.
Ab und zu schwimmt Herr Krüger an eine seiner Schülergruppen heran, spritzt sie
nass oder erschreckt sie, lässt aber unmittelbar wieder davon ab, als Samet,
der offenbar immer noch nicht verstanden hat, was „Geh mir aus den Augen!“
bedeutet, in die Nähe kommt.
Während Herr Krüger und Frau
Kracht plaudernd weiter ihre Bahnen ziehen, beobachten sie Josh, der ein
Gesicht wie die maulende Myrte aus Harry Potter macht, und schließlich fragt:
„Frau Kracht, kann ich gehen?“ „Wieso denn das?“ „Mir ist langweilig!“
„Natürlich nicht ...!“
Als wären das nicht genug
Frusterlebnisse für einen Tag, beginnt es plötzlich – wen wundert’s – zu
regnen, sodass alle das Becken verlassen und ihre Sachen ins Trockene zu
bringen versuchen. Herr Krüger vermisst plötzlich eine seiner Socken und sucht
erneut und widerwillig die Umkleide auf, wo er die Socke – natürlich im Dreck –
findet.
Frustriert von diesem Tag und
diesem runtergekommenen Freibad, möchte Frau Kracht einen Kaffee spendieren und
schlendert zum seitlichen 'Pommes & Co.-Gebäude', von dem aus ihr eine
Duftwolke vom ‚guten, alten Fett‘ entgegenwabert. Diesen bewusst ausblendend,
kauft sie zwei Kaffee, zu dessen Genuss es jedoch nicht kommt, weil die Kaffeesahne
im Kaffee ausflockt und nach einem Blick auf das Mindesthaltbarkeitsdatum der
Grund offensichtlich wird: Der 5. März 2015 liegt einfach mal über vier Monate
zurück!
Mittlerweile schüttet es und die
Klasse verzieht sich unter einen Schirm, um den gröbsten Regenschauern zu
entgehen. Kaum dort angekommen, beginnen die Kids in Windeseile damit, die
noch nicht gewechselten Schuhe auf den Tisch zu stellen, Müll zu verteilen und
wegen des Regens laut zu kreischen, kurz: das übliche Chaos!
Das ist zu viel – jetzt auch für
Frau Kracht. Die beiden Lehrer tauschen einen kurzen Blick und verlassen mit
den Kids diesen unwirtlichen Ort in der nächsten Regenpause. Es scheint, als
sei der heutige Tag ein ‚dies ater‘ wie der Lateiner sagen würde, ein
'schwarzer Tag'. Aber wer versteht heutzutage noch Latein? Und weil Frau Kracht
und Herr Krüger in einer bilingualen Klasse unterrichten, entschließen sich die
beiden, das Freibad in Anlehnung an einen Songtitel als ‚bad, bad Bad‘ zu
titulieren.