Dienstag, 26. November 2013

Wenn die Hosen auf Halbmast stehen

Anton hat wirklich alles versucht! Er ist klein, o-beinig, unauffällig ... das ist schon alles schlimm genug, aber dann auch noch Leistung bringen? Wie mühselig. 

Anton hat sich deshalb überlegt, möglichst unauffällig durch den Schulalltag zu rutschen. Dafür ist es natürlich praktisch, dass er so klein ist. Zudem fällt er selten durch hektische Armbewegungen auf, weil seine Hände quasi 23 Stunden am Tag in den Hosentaschen festgewachsen zu sein scheinen. Ob er sitzt, ob er steht, ob er etwas präsentiert ... seine Hände findet man in seinen beiden Hosentaschen. Manchmal wird es dabei dann schon schwierig, die üblichen Alltagsbewegungen, bei denen die Hände unabdingbar sind, in der einen Stunde unterzukriegen. Zum Glück ist seine Tante auf die verrückte Idee gekommen, ihm eine Schlafanzughose mit Hosentaschen zu nähen. Eigentlich findet Anton die Idee gar nicht so verrückt, irgendwie praktisch, dass er dadurch auch nachts die Hände dort verstecken kann. Nur - diese Schlafanzughose darf niemand sehen, Tante Regine hat nämlich ärgerlicherweise so einen geblümten Stoff für die Aufnäher benutzt, OmG (Oh, mein Gott [für Ahnungslose, die des Subdeutschen nicht mächtig sind]), na ja, es darf halt nie jemand sehen ... 

Aber zurück zur Unauffälligkeit. Also, Anton hat sich vorgenommen, nicht aufzufallen. Das gelingt ihm auch in den meisten Fächern und Situationen. Leider aber war er nicht clever genug, den Putzdienst zu erledigen - und das fiel auf: Minuspunkt!

Und - er hatte sich so schön gedacht, nicht aufzufallen, wenn er einfach während der Mittagspause das Gelände verlässt und sich was zu Essen an der Bude am Bahnhof holt. Doch - wieder dumm gelaufen, denn er wurde gesehen! Natürlich ist sein Klassenlehrer Herr Krüger wieder über alles informiert und spricht ihn an - wie nervig. Na ja, mal sehen, was der Krüger zu sagen hat. Anton hört sich das eine Weile an, erklärt Herrn Krüger dann noch, dass es eigentlich positiv war, etwas zu Essen zu kaufen, weil er sich so - mit vollem Magen - besser konzentrieren könne ... von wegen!? Anton lässt eine Weile Herrn Krüger reden, bis er beschließt, einfach zu gehen. "Herr Krüger redet noch? Egal - ich geh einfach", denkt er sich, schiebt die Hände, die er für das Gespräch überflüssigerweise aus den Hosentaschen nehmen musste, wieder tief in selbige und verzieht sich in seine Ecke. Ach so: "Herr Krüger, ist ja gut jetzt, ich hab keine Lust mehr auf ihr Gelaber ..."

SCHEISSE - Nachsitzen!

Montag, 25. November 2013

Spielball

Herr Krüger ist ja nun wirklich ein leidgeprüfter Mann. Als Klassenlehrer zählt er sich auch nach drei Jahren Erfahrung mit seiner Klasse immer noch nicht zu den Bauern, die nach dieser langen Zeit der Bemühungen, Strapazen und Unzulänglichkeiten dann letztlich doch irgendwann einmal Früchte ernten können - leider. 

Er hat gekämpft, sich um Transparenz, Fairness und Entgegenkommen bemüht, aber nein. Gnadenlos sträuben sich die Schülerinnen und Schüler gegen jedwede seiner Bemühungen. Eigentlich ist es noch mehr. Nicht nur, dass die Schüler sich nicht an seine Anordnungen halten, immer häufiger und immer mehr Schülerinnen und Schüler erklären ihm, wie er es richtig macht, welche Optionen er noch hat. Sie verbessern ihn, weisen auf jeden seiner Fehler hin, sei es pädagogischer Art, wenn er doch problemlos die Schüler hätte nach Hause gehen lassen können, oder auch in Sachen Orthografie oder Interpunktion. Er wird hin- und hergeschubst wie ein Spielball, das Blaue wird vom Himmel runtergelogen, Hauptsache, die Kids bekommen ihren Willen, ihr Handy oder ihre Freizeit.

Mittlerweile ist es so weit, dass Nadine, die definitiv in der obersten Liga der Nachwuchsdiven ("Diven" ist übrigens die Mehrzahl von "Diva", dem italienischen Wort für "Göttin") rumzickt, Herrn Krüger nicht nur mit hasserfüllten Blicken straft, sondern ihm auch noch vorwurfsvoll eine Szene macht, wie er es wagen könne, eine angekündigte Klassenarbeit zu schreiben, während die Schülerinnen und Schüler der Parallelklassen wegen eines kurzfristigen Termins bereits früher Schulschluss haben. Geschieht solch eine Situation, ist die Stunde für Diva Nadine eigentlich gelaufen. Sie macht fortan ihre eigenen Regeln, setzt sich selbstständig um, sucht sich selbstständig ihre Aufgaben - ungeachtet der Anordnungen von Herrn Krüger.

Als die Stunde endlich vorbei ist und die Strafe, etwas lernen zu dürfen, vorbei ist, bleibt das Bild einer mittleren Verwüstung zurück. Für Sauberkeit fühlt sich sowieso kein Schüler zuständig, die benutzten Stühle bleiben da stehen, wo man aufgestanden oder auch mal ein Stuhl umgefallen ist und Arbeitsblätter ... wer braucht schon Arbeitsblätter. Also: runter damit auf den Fußboden, irgendein Depp wird sie schon aufheben ...