„Herr Krüger?“ „Ja, Frau Schwarz,
was gibt’s?“ „Ich muss Sie mal sprechen.“ Worum geht’s denn?“ Herr Krüger ist
gespannt, da Frau Schwarz Mitglied der Schulleitung ist und wenn die
Schulleitung ein Anliegen hat, dann muss es schon etwas Wichtiges sein.
Der Raum ist renoviert und ganz neu eingerichtet worden. Die Zahl der Ermittlungsfälle hat zugenommen, so dass der Schulleiter diesen Raum neu installiert hat. Dieses frisch gestrichene Büro steht also fortan für solche Ermittlungsfälle zur Verfügung. Es ist so gut ausgestattet, dass manch Lehrer gerne dort zu tun haben wird, selbst wenn er es im Moment noch nicht weiß. Der Raum wurde noch nie aktiv benutzt. Doch heute. Herr Krüger dreht den Schlüssel im Schloss herum und bleibt erst einmal interessiert stehen.
Nicht schlecht, denkt er so bei sich. Die
Schulleitung hat sich echt Mühe gegeben. Na ja, nicht ohne Grund, schließlich gibt
es seit einigen Jahren immer mehr solcher Fälle, die einer präzisen Aufklärung
bedürfen. Der Raum verfügt über drei Schreibtische, von denen zwei am Fenster
und einer an der linken Wand über Eck steht. Zwei Aktenschränke bieten genügend
Raum für Papierkram und Beweisstückaufbewahrung. Gleich rechts neben der Tür
gibt es einen weiteren Tisch, der für Untersuchungen aller Art genügend Platz
und auch Werkzeug bietet: Zwei Lupen, Stempelkissen für die Fingerabdrücke, ein
kleiner Satz Chemikalien für die einfacheren Untersuchungen und ein dickes
Nachschlagewerk ‚200 Standard-Fälle an Oberschulen‘. Auf der linken Seite direkt neben
der Tür steht eine kleine Garderobe, an der sogar ein karierter Mantel hängt –
soll wohl ein Motivationsaccessoire sein für Kollegen, denen die Erstmotivation
fehlt. Herr Krüger scheint seit der Einrichtung des Raumes der erste zu sein,
der ihn nutzt und kann es nicht lassen, Sherlocks Mantel einmal überzuziehen. Ist
ja doch schon ein aufregendes Gefühl, wenn man den Mantel so trägt ...
Mehrere Watsons finden sich ein,
Frau Schwarz hat anscheinend auch die anderen Klassenlehrer erreicht und so finden
sich Frau Bachmann, Frau Kracht und Frau Walberg ein. „Na dann, meine Damen und
Herren Watson“, beginnt Herr Krüger, „wollen wir mal. Welche Informationen
können Sie denn zur Klärung des Falles beitragen? Ich weiß bisher, dass Marco
aus meiner Klasse 30 € gestohlen haben soll, die in einer Geldbörse gewesen
sein sollen. Aus Ihren Klassen gab es zum Teil Zeugen bzw. das Opfer. Haben Sie
von einem der Beteiligten nähere Informationen?“ Frau Kracht, aus deren Klasse
der Schüler kommt, der sein Portemonnaie verloren hat berichtet kurz über ihre
Rechercheergebnisse: „Marco hat sich das Geld einfach aus dem Portemonnaie
genommen, obwohl ein Schülerausweis darin war, wie zwei Zeugen gesehen haben.“
„Dominik war wohl auch beteiligt, er ist ja aus meiner Klasse und war gestern offenbar
mit Marco auf Beutezug. Aber ob er auch was mit dem Diebstahl zu tun hat oder
nur mit dabei war, also Mittäter war, kann ich bisher noch nicht sagen.“ „Gut,
dann sollten wir vielleicht erstmal die Beweisaufnahme antreten und uns den Tatort
ansehen.“ Frau Walberg schnappt sich den eigens für die SpuSi angeschafften
Koffer mit Fotoapparat, Flatterband und vier weißen Overalls, die sich die
Kollegen überziehen. Was ist das denn? ‚SEK-SpuSi‘ steht auf der Rückenseite
der Overalls und in ganz kleinen Buchstaben darunter ‚Sekundarstufe –
Spurensicherung‘. Lustige Idee, stellen die vier fest, als sie zum Tatort, der
nahegelegenen Bushaltestelle, laufen. Dort läuft das übliche Procedere ab,
Flatterband, Fotos, Detailuntersuchungen, Sichern von potentiellen
Beweisstücken. Als die vier den Tatort wieder freigeben und das Schultor
durchschreiten, gucken sich einige Schüler nach ihnen um. Klar, in den weißen
Overalls fällt man auf. Die vier Kollegen amüsieren sich natürlich über die
Blicke der Schüler, die sicherlich daher so besonders erstaunt gucken, weil die
Anzüge noch ganz neu sind.
Zurück im Ermittlungsraum lädt
Herr Krüger die Bilder auf den PC, während Frau Kracht mit den anderen beiden
Watsons den Bericht zu schreiben beginnt. „Wir können heute aber nur den Fall
eröffnen, die Zeugenaussagen brauchen bestimmt `ne Woche“, meldet Frau Walberg
mitten beim Schreiben. „Das denke ich auch“, antwortet Herr Krüger. „Ich denke,
wir können auch dann erst das Strafmaß verhängen, wenn alle Zeugen verhört wurden.“
Nach zwei Stunden verlassen die
vier das Ermittlungsbüro und unterhalten sich auf dem Weg ins Lehrerzimmer über
den ersten Einsatz auf Sherlocks Spuren. „Also, Herr Schmidt hat sich echt viel
Mühe gegeben bei der Ausstattung des Ermittlungsraumes, dann macht’s auch echt
mehr Spaß. Trotzdem: Eigentlich wurden wir doch als Lehrer eingestellt ...
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