‚Endlich Wochenende‘ denkt sich
Herr Krüger und verspürt einen Motivationsschub, als er nach Hause fährt. Auch
wenn der Lehrerjob keinen richtigen Feierabend kennt, weil er sich
grundsätzlich von den Jobs unterscheidet, die an klassische Büro- oder
Öffnungszeiten gebunden sind, bietet das Wochenende doch in der Regel gewisse
Freiräume: Ausschlafen, in Ruhe mit unzähligen anderen Menschen durch Ikea
schlendern, sich in einer Einkaufsmeile mit Menschenmassen tummeln, sich im Supermarkt
in die Pfandflaschenrückgabeschlange stellen ... ja, so ein Wochenende ist
schon reizvoll.
Für diesen Abend ist Herr Krüger
verabredet, um endlich mal wieder ins Kino zu gehen und in eine komplett andere
Welt abzutauchen ... dachte Herr Krüger, irrt sich aber gewaltig. Noch vor dem
Betreten des Kinos sichtet er die ersten drei Schüler aus seiner Schule. Sie
haben ihn nicht bemerkt – noch nicht. Herr Krüger drückt sich ein bisschen an
den Wänden der Gänge entlang und bemüht sich, nicht weiter aufzufallen, obwohl
er ja grundsätzlich alles andere als schülerscheu ist. Seine Bemühungen zeigen den
gewünschten Erfolg und er schafft es erfolgreich bis in den Kinosaal. Hier ist
noch nicht sehr voll und so bleibt noch ein bisschen Zeit zum Reden bis ...
Vier Mädchen im klassischen
Teenageralter möchten passieren und lassen sich ausgerechnet neben Herrn Krüger
nieder. Bis eben saß er noch unter Fremden, mehr oder weniger erwachsenen
Menschen, von denen er außer seiner Begleitung niemanden kannte. Die vier Girlys
kennt er zwar auch nicht, da sie allerdings unmittelbar nach der Einnahme ihrer
Plätze synchron ihre Handtaschen auf dem Schoß platzieren, die Handys zücken
und parallel noch miteinander quatschen, rutscht Herr Krüger bereits auf seinem
Sitz hin und her. Als es dunkel wird und die Werbung anläuft, hofft er auf
Ruhe, die ihm aber von seiner unmittelbaren Nachbarin nicht gegönnt wird. Ohne
Rücksicht auf Verluste lässt sie den Spot ihres Handys aufblitzen.
‚Du hast dein Handy doch gerade
erst weggesteckt, Mädchen‘, denkt Herr Krüger, aber seine Nachbarin hat
wichtige Nachrichten zu schreiben, die Herr Krüger einfach mal mitliest. Wenn
sie schon so penetrant im Kino schreibt, muss sie auch damit rechnen, dass ihr
Nachbar mitliest – basta! „bin kino, süße, er ist nicht gekommen.“ ‚Als wenn
das jetzt so wichtig ist, das hätte ja nun auch echt Zeit bis nach dem
Kinobesuch gehabt.‘ Endlich steckt sie ihr Telefon weg und Herr Krüger
entspannt zusehends. Coole Werbung, Herr Krüger rutscht tiefer in den Sitz ...
smash ... wieder leuchtet das Handydisplay seiner Nachbarin. ‚Was denn jetzt
noch, Mädel?‘ dreht Herr Krüger seinen Kopf nach links. „was guckst du denn für
ein film?“ liest er die Nachricht ihrer Freundin. ‚Klar, natürlich keine Rechtschreibung
und Grammatik beachtet ...‘ Herr Krüger war gerade auf dem Weg abzuschalten und
jetzt fährt dieses kleine Biest neben ihm seine gedanklich-schulische Festplatte
doch wieder hoch. Natürlich schreibt sie zurück, aber Herr Krüger kann nicht weiter
mitlesen, weil er von den nächsten merkwürdigen Gestalten abgelenkt wird:
„Stößchen ...“ hört er von hinten ein halbes Dutzend Frauen in den
Endvierzigern, die mit echten Sektgläsern anstoßen. Kling – kling – kling –
kling ... ‚Hört das nochmal auf? Sind wir hier in der Kneipe oder im Kino und
wo habt ihr überhaupt die Sektgläser her?‘ Herr Krüger’s Festplatte ist nun
hochgefahren und umfeldbedingt stehen all seine üblichen Antennen auf Empfang.
„Lasst mich doch bitte alle in Ruhe ...“ Jetzt kramt das Mädel neben ihm in
seiner Handtasche und knistert irgendeine Tüte mit figurfeindlichem Gummikram
auf. Ein kurzer Blick auf ihre Statur zeigt, dass sie das öfter macht. Ihre
figurbewusste Phase scheint dieses Girly noch nicht erreicht zu haben.
‚Außerdem nervt dein Geknister‘ denkt Herr Krüger – sichtlich genervt. Als die
Tüte endlich auf ist und in die Richtung der anderen drei Mädels wandert, wird
es endlich ruhiger.
Schließlich gelingt es den
Hauptdarstellerinnen des Films, Herrn Krüger abzulenken und auch seine
Nachbarin scheint letztlich entschieden zu haben, dass sie ruhig mehr vom Film
sehen könnte, wenn sie schon mal Eintritt bezahlt hat. Herr Krüger richtet
seine Aufmerksamkeit mehr und mehr zur Kinoleinwand und nimmt nur noch halb
wahr, dass seine Nachbarin etwa zur Halbzeit des Films sogar noch ihre viel zu
große Handtasche vom Schoß nimmt.
Fazit: Glücklicherweise ist Herr
Krüger irgendwann doch noch ganz im Film versunken und hat alles andere um ihn
herum ausgeblendet. Erst nach dem Film, als er die drei Knaben wiedersieht, die
er vor dem Film erspäht hat, wird ihm bewusst: Lehrer sind irgendwie nie
alleine!
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