Wer sich mit der deutschen Sprache beschäftigt, Professor für
Germanistik oder eben Lehrer ist, der kennt sich mit Satzanfängen aus. Der
geübte Schreiber weiß, diese flexibel und abwechslungsreich einzusetzen. Wer
das oft noch nicht weiß, muss es erst lernen – z. B. in der Schule. Ob nun
bei der ‚Vorgangsbeschreibung‘ oder zum Thema ‚Spannende Geschichten schreiben‘
– Satzanfänge sind ein fester Bestandteil des Rahmenlehrplans für das Fach
Deutsch.
Wer die kreativen Verbalkonstrukte Heranwachsender zu einem
dieser Themenbereiche einmal gelesen hat, kennt den Lieblingssatzanfang eines
jeden Schülers: „Und dann ...“ Ein sagenhaftes Konstrukt höchster Genialität,
passt diese Einleitung doch quasi bei jedem Satz. Aber – warum sind die Lehrer
dann selten damit zufrieden?
Anders stellen sich die Satzanfänge im täglichen
Sprachgebrauch dar. So ist seit einigen Jahren zu beobachten, dass sich der
Satzanfang „Hä ...“ mehr und mehr in der Schülerschaft durchsetzt. Unabhängig
von dem synonymen Gebrauch mit dem hoffnungslos veralteten „Wie bitte?“ lässt
sich das „Hä“ auch für den viel zu langen und damit anstrengend
auszusprechenden Satz „Mir ist da noch etwas unklar“ einsetzen. Ärgerlich ist
nur, dass die Lehrer das offenbar nicht zu verstehen scheinen, denn aus
irgendeinem Grund geben sie sich mit dem reflexartig geäußerten „Hä“ nicht
zufrieden, sondern verlangen eine detaillierte Beschreibung dessen, was der
Schüler nicht verstanden hat. Und das, obwohl sie doch eigentlich wissen
müssten, was der Schüler meint.
„Hä“ ist ebenso die Kurzform von „Ich bin anderer Meinung“.
Dieser mit dem „hä“ quasi ausgesprochene Satz wird manchmal sogar noch erklärt –
großzügigerweise. Im konkreten Falle würde also die Reaktion auf die Äußerung
von Herrn Peters „Das Anfertigen der Mind Map ist Hausaufgabe zu morgen“
lauten: „Hä, können wir das nicht jetzt machen und dann keine Hausaufgaben
aufhaben?“
Die Krönung der "Hä"rrlichkeit trug sich in einer Unterrichtssituation zu, in der es ein sprachorientierter Lehrer gewagt hat, in diesem Zusammenhang eine bessere Sprache einzufordern. Die Reaktion der ermahnend angesprochenen Schülerin: "Ich habe gar nicht 'hä' gesagt, ich habe 'ä' gesagt ..."
Die Krönung der "Hä"rrlichkeit trug sich in einer Unterrichtssituation zu, in der es ein sprachorientierter Lehrer gewagt hat, in diesem Zusammenhang eine bessere Sprache einzufordern. Die Reaktion der ermahnend angesprochenen Schülerin: "Ich habe gar nicht 'hä' gesagt, ich habe 'ä' gesagt ..."
„Hä“ hat weitere Nebenwirkungen. Die mit der Formung des
Mundes zum geradezu melodisch wirkenden „hä“ führt konsequent zu Mimiken, die
sich vermutlich kein Schüler ausmalt, wenn er sich dieses Universalwortes
bedient. Hier zeigt sich die gesamte Bandbreite der unbewussten Gesichtsakrobatik
vom Hochziehen des rechten oder linken Teils der Oberlippe einschließlich dem
dadurch freigelegten Zahnfleisch über das Rümpfen der Nase samt faltigen
Rippeln in den Flanken bis zum Ankippen der Augenbrauen in alle nur
erdenklichen Richtungen. Das Ergebnis ist ein fragwürdig intelligenter
Gesichtsausdruck aus dem so mancher Lehrer eine umfangreiche Bildergalerie zusammenstellen
könnte, würde er aus dem Knopfloch mit versteckter Kamera all diese 'hä'-rrlichen Gesichter
ablichten.
Leider gehört die Knopflochkamera noch nicht zur Standardausstattung
des deutschen Lehrers. Wäre das der Fall, so 'hä'-tte man durch die vielen Zeiten,
in denen die Schüler in der Stunde oft nur halb anwesend ab-hä-ngen, schon eine
wunderbare Bildgrundlage für eine zum Ende der Schulzeit erstellte HÄ-sentation ange-hä-uft, mit der man
sicher den einen oder anderen Lacher im Rahmen der Abschlussfeier ernten würde.
Schade!
Hä-rrlich!! Sehr treffend formuliert, Mr B!
AntwortenLöschen