„Herr Krüger ...“ „Guten Morgen, Anton ...“ „Ach ja, Morgen,
wann iss heute Schluss?“ Das kann doch nicht wahr sein, dachte Herr Krüger, das
Fußballturnier hatte noch nicht einmal angefangen und schon fragten die ersten
Schüler nach dem Veranstaltungsende. „Um 17 Uhr, Anton ...“ „Ja, jaaaa ...“ Offenbar
hatte er gemerkt, dass seine Frage nicht so besonders clever gestellt war und
so machte Anton auf dem Absatz kehrt und stürmte auf ein paar Jungs aus seiner
Klasse zu, die gerade eintrafen. Aber als hätten sie sich unbemerkt verabredet,
löste sich der nächste aus der Gruppe, steuerte auf mich zu und begann ...
„Herr Krüger ...“ „Guten Morgen ...“
Nun ja, das Spielchen begann von Neuem bis sich die wilde
Horde Richtung Umkleideraum bewegte und sich in ihren Sportdress warf. Herr
Krüger nahm die Tribüne in Augenschein, um die Anwesenheit seiner Schäfchen zu
prüfen bis auch dort zwei Mädchen auf ihn zustürmten und „Herr Krüger ...“
Im Laufe des Spieles konnte Herr Krüger Verhaltensweisen
beobachten, die ihn jedoch eher an einen Stamm wildgewordener Gorillas als an
eine zivilisierte Schulklasse eines bildungsnahen Bezirks erinnerten. Na gut, fünf
andere Stämme waren auch gerade in diesem Areal, aber dennoch: Herr Krüger
wurde Zeuge ethologischer Verhaltensweisen, die Jane Godall zweifelsfrei der Kategorie
„Imponiergehabe“ zugeordnet hätte. So hatte sich z. B. der Leitgorilla der
Nachbarklasse – eindeutig ein selbsternanntes Alpha-Tier – einen Schlachtruf
überlegt, der seinesgleichen suchte und den seine Horde kurz vor Anpfiff zu
hören bekam. Spätestens jetzt zeigten sich die deutlichen Anzeichen
gorillahaften Verhaltens, weil das Geschrei besser wahrzunehmen war als
irgendwelche Artikulationen, die auf einen inhaltlichen Sinn schließen ließen.
Hauptsache laut Hauptsache gebrüllt – das schien die Devise.
Wieder andere Schüler sprangen wie überkandidelte Primaten
auf den Bänken des Ranges herum, dass nur noch Lianen gefehlt hätten, um das
Bild eines Dschungelszenarios entstehen zu lassen. Und einen Primaten zu
bändigen ist ... eigentlich ebenso unmöglich wie dieses mit einem Teenager zu
tun, dessen gesamter Steuerungsapparat umgebaut wird. Sinnvolles, geordnetes
und diszipliniertes Verhalten zu erzielen ist hier eigentlich ein eher hoffnungsloses
Unterfangen.
Herr Krüger, entzog sich mit dem Gedanken, doch einmal zu
gucken, wo die übrigen Beta-Männchen geblieben waren und fand diese im
warm-stickigen und muffigen Umkleideraum, den diese offenbar als gemütlich
empfanden. Dabei war es ja nicht so sehr der Geruch jugendlichen Schweißes
dreier Klassen, der sich hier mischte, aber dieses Beißen in den Augen machte
Herrn Krüger doch schon zu schaffen. So warf er die Bande kurzerhand raus,
öffnete gegen das explosive Gasgemisch zumindest ein Kippfenster und verließ
den Raum schnellstmöglich wieder. Auf der Treppe zur Tribüne umgab ihn von
einer Sekunde zur nächsten ein Getümmel Halbstarker, die unmittelbar aus den
Revierkämpfen gekommen waren und demzufolge frische, intensive Gase ausstießen.
Dann entdeckte Herr Krüger im Tumult noch eine Horde Stammesweibchen, die nun
wieder ganz andere Geruchsnuancen ins Spiel brachten ...
Jeder Parfumier hätte sich dieser Strapaze entzogen, aber
Herr Krüger und seine Kolleginnen und Kollegen hielten wacker durch bis die
verschiedenen Rudel das Weite suchten und in ihre Heimatgefilde zurückkehrten. Dennoch
wussten sie alle, der Aufmarsch der Primaten würde sich wiederholen ...
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