Herr Krüger wollte eine
Klassenfahrt machen. Nein, er wollte eigentlich gar nicht, wurde aber von
seiner Klasse unter Druck gesetzt, weil „alle eine Klassenfahrt machen“. Und
was „alle“ machen, muss die 10.4 das natürlich auch tun. Überhaupt machen
Schüler grundsätzlich alles, was alle machen! Ins Ausland soll es gehen, am
besten fast nichts kosten, viel Freizeit soll es geben und wenn irgend möglich
keine Regeln, maximal drei vielleicht, aber auch diese, so wünscht sich die
Klasse, sollten möglichst mehr grobe Richtlinien, keinesfalls jedoch verbindliche
Vorschriften sein.
Mit Engelszungen und zahlreichen
Bemühungen ist es Herrn Krüger gelungen, seinen Schülern ein akzeptables
Angebot zu unterbreiten, das
notgedrungen von ihnen akzeptiert wurde, allerdings ... hatte Herr
Krüger die Rechnung da ohne die Eltern gemacht. In der Klasse von Herrn Krüger
– es ist eine Abschlussklasse, die in Kürze die Schule verlassen wird – gab es
nämlich Eltern, die es sich zum Lebensinhalt gemacht zu haben schienen, Herrn
Krüger das Leben schwer zu machen. In einem Anflug von vermeintlicher
Genialität hatten sie Ihre Kinder so erzogen (wenn überhaupt), dass man sich
nichts bieten lassen muss, dass sie machen können, was sie wollen und dass
nichts all dessen Folgen hat. Vielleicht haben sie das Ihren Kindern so nicht direkt
eingebläut, sondern eher vorgelebt, denn man merkte seit Anbeginn in der 7.
Klasse, dass gewisse befremdliche Verhaltensweisen zunahmen. Und so etwas
konnte nur aus dem Elternhaus kommen. Zu diesem Schluss musste jedenfalls Herr
Krüger kommen, wenn er analytisch an all die Erlebnisse dachte, die ihm so mit diesen
Eltern widerfahren waren.
Dass ‚Bescheißen‘ mit zu besagtem
Vorbildverhalten der Eltern gehörte, zeigte sich Herrn Krüger im Rahmen der weiteren
Klassenfahrts-Vorbereitungen. Er schickte das übliche Regelwerk zu den
notwendigen Verhaltensweisen der Sprösslinge sowie möglichen Konsequenzen bei
Regelverstößen an die Eltern. Dabei war Herr Krüger davon ausgegangen, dass er
es mit erwachsenen, korrekt und vorbildlich handelnden Eltern im Sinne ihres
Kindes zu tun hatte. Weit gefehlt, denn nachdem Herr Krüger die zu
unterzeichnende Einverständniserklärung im veränderbaren Word-Format
rumgeschickt hatte, erhielt er prompt von Familie Pedanti eine Version zurück,
die sich irgendwie komisch las. Zu lesen stand da u. a. „Regelverstöße
können nicht dazu führen, dass ich auf eigene Kosten nach Hause geschickt
werden kann“ oder „Das Ertrinken im Meer ist verboten.“ Herr Krüger glaubte,
seinen Augen nicht zu trauen und verglich mit seinem Original. Dann wusste er nicht
genau, ob er lachen oder sich aufregen sollte. Glücklicherweise gewann das
laute Lachen, das aus seiner Kehle kam. Er dachte an die Tochter und ihm wurde
einmal mehr klar, warum sie so war, wie sie war. Sie konnte ja gar nicht anders
sein - bei solchen Vorbildern zu Hause. Dann fiel es Herrn Krüger wieder ein: Diese
Eltern, erinnerte er sich, waren auch diejenigen, die eine
Einverständniserklärung in der 7. Klasse nicht unterschrieben hatten, weil damals
ein ‚e‘ in einem der Wörter fehlte.
Herr Krüger schüttelte fassungslos
den Kopf und murmelte vor sich hin: „Himmel, lass es Weisheit regnen, besonders
auf die Eltern!“
Das ist wirklich lustig ... bis traurig! So wahr. Ich schreibe das aus jahrelanger Lehrerinnen-Perspektive! Der Beruf wird echt nicht langweilig ... "Eltern" sind dabei eine ganz spezielle Spezies. Das hat "Mr B" sehr passend dargelegt!! Wie gut, dass man jeder noch so grotesken Situation immer noch eine gute Packung Humor abgewinnen kann. Genau ins Schwarze getroffen! Weiter so, Mr B! Aber ... Es gibt sie ja glücklicherweise auch: die zahlreichen wertschätzenden, aktiven Eltern!! :-)
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