Im Laufe seiner Dienstjahre und
Schulwechsel hat Herr Krüger viel erlebt, natürlich auch mit Telefonen -
Mobiltelefonen. Damals musste er deshalb noch kein gesondertes Seminar besuchen
oder eine Fortbildung belegen, heutzutage denkt man darüber nach, die
Lehrerbildung um diesen Zweig zu erweitern.
Natürlich hat - nein musste - sich
Herr Krüger auch mit dieser Problematik auseinandersetzen. Erste Fälle des
Missbrauchs von Mobiltelefonen wurden bekannt, dann ging es rasant weiter und
die Zahl der Vorkommnisse schnellte exponentiell in die Höhe.
Verrückte Dinger, diese Mobiltelefone,
neudeutsch: Handys. Was die nicht alles schon ausgelöst und für Zeit gekostet haben
in der Schullandschaft. Und dennoch scheint es immer noch ein Stückchen weiter
zu gehen, noch ein Quäntchen schlimmer werden zu können. Der Indikator dafür?
Jugendliche natürlich, wobei ... eigentlich merkt man es auch schon an den Kindern,
denn das Handyeintrittsalter sinkt und sinkt – kongruent zur sozialen
Kompetenz, wenn man diese mal als Fähigkeit definiert, sich von Angesicht zu
Angesicht über einen gewissen Zeitraum zu unterhalten, ohne ein Handy dabei zu
benutzen.
Dass immer mehr Schulen vor der
Handyflut resignieren, hat auch Herr Krüger erlebt. Dies ist gut nachvollziehbar,
könnte doch eine Schule mit ca. 1000 Schülern problemlos fünf Lehrer dafür
einstellen, Handys einzusammeln, zu etikettieren, zu sortieren, Elterngespräche
zu führen und die eingezogenen Telefone den Eltern wieder auszuhändigen. Dafür
bräuchte man dann, so rechnet Herr Krüger durch, noch einen Mobiltelefonelternausgaberaum,
ein Archivierungssystem und vielleicht auch direkt noch eine Rechtsberatung
nebenan für alle Eltern, die sich gerne darüber informieren möchten, ob die
Schule das eigentlich darf. In der Rechtsberatung lägen selbstverständlich
direkt Anzeigeformulare bereit, ein einzustellender Polizist könnte Anzeigen
aufnehmen, das halbe Kollegium hätte 3-5 schwebende Verfahren am Hals, weil die
Eltern es nicht akzeptieren können und auch nicht wollen, dass ein Lehrer es
gewagt hat, das Eigentum des Kindes einzuziehen.
Eltern wollen, dass ihr Kind
Recht bekommt, sie wollen, dass ihr Kind jederzeit uneingeschränkt auf sein Geburtstags-
oder Weihnachtsgeschenk zugreifen kann. Sie wollen ihr Kind immer erreichen,
jederzeit, also wirklich immer – auch im Unterricht, obwohl ... ja, doch, auch
im Unterricht. Es kann doch nicht so störend sein, wenn ein Schüler maaaal auf
sein Handy guckt. Mama wollte doch nur schnell fragen, was Prinzessin Nadin
(seit man Namen offenbar in Lautschrift schreiben darf, schreibt man auch Nadin
ohne ‚e‘ am Ende) zum Mittagessen möchte.
Ja, also Arbeit gäbe es genug,
wenn man Mobiltelefone an Schulen verböte, wird Herrn Krüger klar. Aber wer
bezahlt die hierfür zu schaffenden Arbeitskräfte? Die entsprechende
Schulbehörde? Niemals. Wovon denn?
Allerdings könnte man einen
anderen Topf anzapfen. Da Erwachsene keine Straßenschilder lesen können und
deshalb falsch parken, wurde der Ordnungsdienst ins Leben gerufen. Warum
eigentlich nicht auch einen Ordnungsdienst in der Schule - quasi als gesondert
arbeitende Abteilung des offiziellen Ordnungsdienstes. Die könnten dann den
Mobiltelefonelternausgaberaum besetzen, könnten Öffnungszeiten anbieten und
nebenher vielleicht auch noch ein paar Experten einstellen, die die unzähligen,
hoffnungslos zerstörten Displays der Smartphones reparieren, während die Eltern
sich zum Abholen der Telefone aufmachen.
Eine gesondert geschulte
Telefonistin könnte eingestellt werden, die Termine vereinbart bzw. Auskunft
darüber gibt, ob ein Telefon bereits fertig ist (also komplett gewartet und
überholt wurde) oder ab wann es bereitläge. Oder aber – man entwickelt eine
Computersoftware, die die Telefonanlage bedient:
„Guten Tag. Sie sind mit der Mobiltelefonelternausgabestelle
verbunden. Ich helfe Ihnen dabei, möglichst schnell zum Mobiltelefon Ihres
Kindes zu kommen. Benutzt ihr Kind ein Smartphone, drücken Sie die 1. Für alle
anderen Telefone drücken Sie die 2 ...“
Und vor der Schule könnte man
eine Kurzparkzone einrichten. Die dortige Parkdauer ist für eine viertel Stunde
kostenlos, danach zahlt man die regulären Parkraumbewirtschaftungsgebühren.
Wenn also Eltern bei der Gelegenheit noch eine Schimpftirade auf den Lehrer
loslassen möchten, der es gewagt hat, das Telefon einzuziehen, müssten sie also
auch ein Parkticket ziehen. Auch hier könnte der Ordnungsdienst wieder tätig
werden und den Gebührenverweigerern ein Ticket unter das Wischblatt klemmen ...
Tolle Ideen, denkt sich Herr
Krüger. Ich sollte vielleicht mal darüber nachdenken, das dem Arbeitsamt
vorzutragen.
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